Montag, 23. Februar 2009

Rudresh Mahanthappa - ein Visionär des Jazz

Rudresh Mahanthappa. (Foto: PR)

Acht CDs, alle nahezu weltweit beachtet und teils mit Auszeichnungen geehrt, hat der 37-jährige Rudresh Mahanthappa bisher unter seinem eigenen Namen veröffentlicht, weitere neun CDs als Sideman, und in bis zu sieben Bandprojekten gleichzeitig ist er involviert. In den letzten sechs Jahren kam er immer auf vordere Plätze beim Internationalen Downbeat Kritiker-Poll „Rising Star - Alto Saxophone“ ein, im Jahre 2008 erreichte er da sogar den zweiten Platz.

Ist schon der feste Ton von Mahanthappas Altsax-Spiel beeindruckend, so besteht das Besondere seiner Kunst in der vielfältigen, immer neue Aspekte und Schattierungen umfassenden Verbindung zwischen zeitgenössischem Saxofon-Spiel und südindischer Musiktradition. Im Spannungsfeld von polymetrischer Musik in einer gleichbleibenden Tonart und Jazzimprovisationen mit anspruchsvollen harmonischen Entwicklungen über aufgelöste Metren bewegt sich Mahanthappas faszinierendes Schaffen.

Besonders die erst kürzlich hochgeehrte CD „Kinsmen“, eingespielt mit südindischen Musikern, und die CD „Apti“ der sogenannten Indo-Pak Coalition (neben Mahanthappa noch der Amerikaner Dan Weiss, Tabla, und der pakistanisch-amerikanische Gitarrist Rez Abbasi) verdeutlichen die exotisch klingende „indische“ Seite des wahnwitzigen Altsaxspiels Mahanthappas, während der Meister sich innerhalb des Trios Mauger (mit Mark Dresser, Bass, und Gerry Hemingway, Drums) am weitesten in die Richtung eines mehr linearen, hochambitionierten New Yorker Downtown-Jazz bewegt.

Weitere Veröffentlichungen zeigen, wie neugierig und forschergleich Mahanthappa die Möglichkeiten der musikalischen Zwiesprache mit seinem langjährigen künstlerischen Wegbegleiter, dem Pianisten Vijay Iyer, auslotet. Mehrere CDs unter dem Namen Iyers, eingespielt meist im Trio oder im Quartett, vermitteln bisher so nicht gekannte melodisch-rhythmische Spannungsfelder. Essenziell zeigt sich dies in der Musik der Duo-CD „Raw Materials“. „Ein faszinierender Blick in den einzigartigen musikalischen Dialog, der schon mit dem zwischen John Coltrane und McCoy Tyner verglichen wurde“, heißt es anlässlich der Neuauflage bei PI Recordings.

Was die CD „The Beautiful Enabler“ des Mauger-Trios angeht, so schreibt Clifford Allen im Internetportal „Bagatellen“, dass dieses Trio außergewöhnlich hörenswert sei, da es die Vielfalt der Möglichkeiten eines solch instrumental einfachen Trio-Zuganges aufzeige. Und einer der einflussreichsten Weblogs für zeitgenössischen Jazz schwärmt: „Und wieder ein wundervoll reiches Album, mit einer Menge musikalischer Ideen, Stimmungswechseln und kraftvoller Expressivität. Sehr empfehlenswert!“

Mahanthappa tritt am 28. März 2009 mit dem Trio Mauger zum Festival Jazzwelten 2009 in Dresden auf.

Montag, 16. Februar 2009

John Wolf Brennan: Familiäre Spuren aus halb Europa bündeln sich in seiner Biografie

Der Musiker John Wolf Brennan, auch sportlich-alpinistisch fit, auf dem Großen Mythen, Schwyz. (Foto: Rolf Bösch)

John Wolf Brennan, Pianist und Komponist, ist seit etwa drei Jahrzehnten auf der europäischen und weltweiten Jazzszene aktiv. Martin Kunzler schreibt in seinem Jazzlexikon (rororo): „In ständigem kreativem Balanceakt zwischen Improvisation und Komposition hat Brennan einen eigenständigen europäischen Beitrag geschaffen.“

Das typisch „Europäische“ in Brennans Musik hat sicher auch damit zu tun, dass in John Wolf Brennans Biografie Spuren und Einflüsse verschiedener europäischer Kulturen in seltener Weise zusammenlaufen.

John Wolf Brennan wurde 1954 in Dublin in eine Musikerfamilie geboren. Seine Mutter Una Brennan war eine professionelle, klassische Sängerin, sein Vater Hans Wolf ein begnadeter Amateurpianist.

John Wolf Brennans Urgroßvater väterlicherseits, Carl Wolf-Fischer, wurde 1863 im sächsischen Jöhstadt an der tschechischen Grenze geboren. Sein Bruder hatte einen großen Fleischerladen im böhmisch-sudetendeutschen Karlsbad, und dort sind bis heute Verwandte nachgewiesen. Carl emigrierte zuerst nach Frankreich, dann nach einem Abstecher in die USA in die Schweiz, wo er in Sils im Engadin im Hotel Edelweiss sich vom Küchenbursche bis zum Hoteldirektor emporarbeitete. Von der Hotel-Küche aus sah er täglich den Piz Albana, und weil er sich ausrechnete, dass dies a) ein schöner Name und b) der Buchstabe im damaligen Telefonverzeichnis als erster aufscheinen würde, hat er die „Villa Köhler“, ein Hotel in Weggis, in „Albana“ umgetauft, nachdem er es 1896 übernehmen konnte.

Dessen Sohn Karl Wolf (1897-1952) und sein Enkel Hans-Peter Wolf (1923-1986) – der Vater John Wolf Brennans – haben es dann weitergeführt, und Johns Bruder Peter Wolf (nicht zu verwechseln mit dem Sänger der J.Geils Band oder dem Keyboarder von Frank Zappa) führt den Betrieb seit 1990 nun in vierter Generation.

In der Verwandtschaft John Wolf Brennans gibt es nach Deutschland noch weitere und sogar nach Schweden musikalische Brücken: Der Pianist, Komponist und Liedbegleiter Karl-Ulrich Wolf (1921–1957), der mit 36 Jahren früh verstorbene Onkel John Wolf Brennans, war designierter Direktor des Konservatoriums Stockholm, vorher längere Zeit in Stuttgart tätig, und, laut Hörfunkbeiträgen aus der damaligen Zeit, einer der ersten „westlichen Musiker“, die in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Konzerttourneen unternahmen. Wahrscheinlich ist, dass er ab 1947 auch in Dresden und Leipzig konzertierte.

John Wolf Brennan lebt mit seiner Frau Béatrice, einer Pianistin, und ihren drei Töchtern in einem neuen Haus in Weggis. Die Familie ist weitläufig mit dem Clan jener Brennans verwandt, zu der die berühmte Esoterik-Pop-Diva Enya gehört. John und Béatrice haben sogar eine ihrer drei Töchter nach Enya benannt – er könne zwar nichts mit dem „Weichspülersound“ von seiner entfernten Verwandten Enya anfangen, aber als Mensch „ist sie ein Original“, so John.

Was man sicher für John auch annehmen darf – nur kommt bei ihm seine vielfältige, intensive und ideenreiche Musik dazu, die – so könnte man meinen – halb Europa zum Klingen bringt.

Überzeugen kann man sich davon in der näheren Zukunft zum Festival JAZZWELTEN 2009 in Dresden – dort spielt John gemeinsam mit Arkady Shilkloper am Glockenspielpavillon des Dresdner Zwingers eine Weltpremiere und er tritt mit seiner Band Pago Libre auf.
John feierte am 13. Februar 2009 seinen 55. Geburtstag. Dafür hat er sich zusammen mit seiner Familie für eine Woche in die Berge zurückgezogen.
Fast alles über John Wolf Brennan hier.